Ein lange verschollenes Werk des berühmten Bildhauers Constantin Brancusi ist wieder aufgetaucht und wird nun der Öffentlichkeit präsentiert.
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Luftaufnahme der Kathedrale der Nationalen Erlösung (rechts), flankiert vom Parlamentspalast (links). (Archivbild) - keystone

Ein lange verloren geglaubtes Werk des rumänisch-französischen Bildhauers Constantin Brancusi (1876–1957) ist aufgetaucht und wird nun erstmals dem grossen Publikum gezeigt: Die Bronze-Büste «Portrait d'Achille Baldé», entstanden in den Jahren 1905–1906 in Paris, wurde am Samstag im Bukarester Auktionshaus Artmark vorgestellt.

Dieses Werk sei das letzte, das der damals junge Brancusi noch in der symbolistischen Manier seines Lehrmeisters Auguste Rodin (1840–1917) schuf, sagte die Kunsthistorikerin und Brancusi-Expertin Doina Lemny. Danach begann Brancusi in Stein zu meisseln, fand seinen eigenen, immer abstrakteren Stil und wurde zu einem der prägendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts.

Die jetzt aufgetauchte Büste zeige auch, wie schnell und radikal Brancusi danach seinen Stil geändert hat: Schon 1907 erschuf er die Plastik «Die Weisheit der Erde» (Wisdom of the Earth/Cumintenia Pamantului), eine ins Abstrakte weisende Frauenfigur.

Vom Geschirrwäscher zum gefeierten Künstler

Die realistisch wirkende Büste «Portrait d'Achille Baldé» stellt einen Mann mit grossem Schnauzbart dar. Modell stand dafür ein Kellner in dem Lokal in Paris, wo Brancusi damals zeitweise selbst als Geschirrwäscher arbeitete. Es geriet in den Besitz der Familie des Kellners – ob als Geschenk oder als verkauftes Objekt, sei unbekannt, sagte Lemny weiter.

Danach galt es als verschwunden. Man fürchtete, dass Brancusi es selbst zerstört haben könnte, weil er dies mit anderen seiner Jugendwerke getan hatte, die er für wertlos hielt. Spuren dieser Büste gab es bisher lediglich durch Fotos vom dazugehörigen Gips-Modell aus Brancusis Atelier, die im Archiv des Centre Pompidou in Paris aufbewahrt werden und in den wichtigsten Brancusi-Katalogen reproduziert wurden.

Dass die Gips-Figur auch in Bronze gegossen wurde, wusste man bisher nicht. Erst 2023 tauchte die Bronze-Büste in einem kleineren Pariser Auktionshaus auf. Ein rumänischer Sammler ersteigerte sie für 377'000 Euro. Vorher war sie von Experten des renommierten Auktionshauses Drouot untersucht worden. An der Echtheit gebe es keinen Zweifel, sagte Lemny.

Ein Stück Geschichte wieder zum Leben erweckt

Der berühmte französische Fachmann für technische Kunstexpertisen Gilles Perrault habe auf den ersten Blick erkannt, dass die Bronze-Figur in einer Technik gegossen worden sei, die zu Brancusis Zeit üblich war, heute aber nicht mehr angewandt wird: das sogenannte Wachsausschmelzverfahren (cire perdue). Dieses Verfahren verleihe der Bronze einen besonderen, seidigen Glanz und damit auch einen kunsthandwerklichen Wert.

Warum das Objekt erst jetzt aufgetaucht ist, bleibt unklar. Lemny vermutet, dass den Nachkommen des Kellners über ein Jahrhundert hinweg nicht bewusst war, welche Kostbarkeit sie haben. Für sie sei das Objekt wohl nur «Opas Büste» gewesen.

Nun ist sie noch bis zum 25. Februar in Bukarest zu sehen – kostenlos für alle Besucher. Das Restaurant «Bouillon Chartier», in der Pariser rue du Faubourg Montmartre, wo Brancusi Teller wusch und sein Modell fand, gibt es heute noch unter demselben Namen am selben Ort.

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